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Mein Leben in der Quarantäne

Constanze Willers

Die glücklichen Gewinner des Schreibwettbewerbs „Leben in der Quarantäne“. 

Jede*r Gewinner*in erhält einen Buchgutschein über 40 Euro.


Noch vor einigen Monaten, als ich jeden Tag mit meinen Freunden im Garten herumtobte und nie merkte, wieviel Glück ich hatte, ahnte ich nicht, wie es eines Tages sein würde. Doch jetzt ist diese Zeit vorbei, und mein Leben wie in einer Glaskugel hat begonnen, ein Leben voller Angst und Schrecken. Menschen verändern sich in der Quarantäne. Nicht mehr hinaus in die Natur zu dürfen, ist für manche Menschen ein Zwang, den sie sich so nie antun würden.

 

Ich kann meine Freunde zwar nur noch auf dem Display vom Handy oder Computer sehen, bin aber trotzdem froh, sie überhaupt noch zu sehen.

 

Es ist ein komisches Gefühl, zu Hause zu lernen, nicht mehr seinen Nachbarn zu fragen, wenn man in Mathe die Übersicht verloren hat, sich nicht mehr in der Pause für den Nachmittag zu verabreden.

 

Manchmal würde ich gerne die Zeit zurückspulen, manchmal aber auch vorspulen. Gerade will ich nur eins: Dass ein Impfstoff gegen Corona egal wie, wo und wann erfunden wird. Das Virus darf nicht weiter die Menschheit zerstören.

 

Ich, und ich glaube, da bin ich nicht die einzige, verstehe jetzt, wie wertvoll eine Umarmung, ein Händedruck, ja sogar eine Berührung sein kann. Aber ob wir je zeigen können, dass wir es verstanden haben?

 

Wann hört Corona auf? Hört es überhaupt auf? Wann dürfen wir wieder hinaus? Wann dürfen wir wieder in die Schule? Wann wird der richtige Impfstoff auf den Markt gebracht…? So viele Fragen, und auf alle gibt es noch keine Antwort. Ich kann es einfach nicht mehr aushalten. Draußen ist vor allem jetzt im Frühling super Wetter, um sich mit Freunden oder vielleicht auch mit Verwandten zu treffen. Jetzt im Frühling könnte man buchstäblich alles machen: Schwimmen, ins Café, ins Kino… Doch in diesem Jahr fällt das alles weg.

 

Mit den Tagen habe ich gelernt, dass die Zeit zu Hause anstrengender sein kann als ein Marathon. Von Langeweile bin ich noch relativ verschont mit vier Brüdern. Manchmal habe ich mir gewünscht, ich wäre ein Einzelkind, aber jetzt in der Quarantäne bin ich froh über meine Brüder. Ein Leben ohne sie kann ich mir (vor allem in der Quarantäne) nicht vorstellen.

 

Wenn ich an die Zeit früher, bevor Corona viele Menschen ansteckte, denke, dann merke ich erstmal, wieviele Möglichkeiten ich gehabt habe. Ich war auch oft in meinem Zimmer und habe entweder gelesen, gelernt oder ich saß einfach nur auf meinem Bett und habe aus dem Fenster geschaut. Jetzt würde ich am liebsten jeden Tag in den Park fahren, Brötchen holen, einkaufen…und so weiter, aber dafür ist es jetzt zu spät.

 

In diesen Wochen hat man viel Zeit, zu überlegen oder auch die ein oder andere Erinnerung herauszuholen. Jetzt, wo man nicht mehr hinaus darf, fühlt sich das Haus an einigen Tagen fast wie eine Art Gefängnis an. Es ist für mich eine riesige Erleichterung, dass Corona vielleicht nicht ganz, aber wenigstens teilweise irgendwann vorbei ist.

 

Ich habe große Angst, dass jemand aus meiner Familie das Virus bekommt, aber was ich am meisten fürchte ist, dass meine Großeltern es bekommen. Sie sind nämlich schon etwas älter und könnten an dem Virus sterben.

 

Ich mag die Quarantäne zwar nicht so sehr, aber ich akzeptiere sie. Es gibt Menschen, die da viel schlimmer dran sind. Zum Beispiel Menschen, die nur ganz wenig Platz haben und in Quarantäne sind. Wie schrecklich muss es dann sein?

 

Aber noch schlimmer geht es doch eigentlich den Obdachlosen. Obdachlose müssen sich ja auch (meistens an Bahnhöfen) einen Schlafplatz suchen. Oder an öffentlichen Toiletten die Hände waschen. Da könnte sich vorher sonstwer die Hände gewaschen und dann zum Beispiel am Wasserhahn sein Covid-19 hinterlassen haben.

 

Eine gute Sache hat das Virus schon. Es führt Menschen wieder zusammen. Familien haben mehr Zeit füreinander. Meine Familie und ich sprechen und lachen jetzt noch viel mehr miteinander. Das ist die einzige Zeit, wo wir als Familie über längere Zeit zusammen sind. Ohne Covid-19 hätten wir diese Möglichkeit nie gehabt.

 

Jeder aus unserer Familie hat ein Hobby. Es jetzt ist natürlich schade, dass wir nicht unseren Freizeitbeschäftigungen nachgehen können. Zum Glück haben wir einen Garten und haben also wenigstens ein bisschen Freiraum zum Bewegen.

 

Menschen verändern sich, unter anderem auch ich. Ich bin viel mehr am Computer als früher, aber das ist ja keine große Veränderung. Es gibt viel Größere, aber nicht alle sind harmlos. Bei manchen kommt es sogar zu häuslicher Gewalt. Zum Glück ist das bei den meisten Familien (darunter auch meine) nicht so. Für mich ist, dass die Schule ausfällt, ja nicht so schlimm, aber für andere wie zum Beispiel für meinen Bruder, der gerade Abitur macht, schon. Das ist für ihn jetzt natürlich ganz traurig, weil er ja nach dem Abitur keinem die Hände schütteln oder jemanden umarmen darf. Aber nicht nur Abiturienten haben Probleme sondern auch Kinder, die nicht so gut in der Schule sind und Hilfe vom Lehrer brauchen.

 

Aber die Regierung tut das ja nur, um uns zu schützen, damit, bis der Impfstoff auf den Markt gebracht wird, viele Menschen gesund bleiben.

 

Jetzt, wenn meine ganze Familie Zeit hat, kochen und backen wir viel. Wir essen viel mehr Kuchen und verbringen auch so viel mehr Zeit miteinander. Bald ist ja schon Ostern. Ein bisschen traurig bin ich schon, weil wir dieses Jahr von Freunden zu einem Osterfeuer eingeladen wurden. Aber ich freue mich trotzdem, denn es ist erst das zweite Mal, dass wir als ganze Familie zusammen Ostern feiern. Meistens fehlte jemand von uns wegen einer Sportveranstaltung oder eines Schüleraustauschs. Beim ersten Mal war ich erst ein Jahr alt und ich glaube, auch ein Ostern in der Quarantäne kann Spaß machen. Ich finde an Ostern ist nur eins wichtig: Dass man nicht allein ist.

 

Bei den meisten Menschen fällt auch der Musikunterricht aus wie bei mir. Ich spiele seit kurzem Kontrabass und bin noch etwas wackelig und brauche manchmal etwas Hilfe. Weil ich aber die einzige Streicherin in meiner Familie bin, muss deshalb ohne Hilfe zurechtkommen.

 

Viele Leute geraten jetzt in große Angst und hamstern viel. In den Supermärkten ist die Schlange immer so lang, und die Menschen halten Abstand zum Nächsten (für mich ist das ein Zeichen, dass die Menschen verstanden haben, dass die Lage wahrscheinlich die Schlimmste in den letzten 20 Jahren ist). Deshalb gehen die Schlangen vor den Supermärkten meistens bis auf die Straße.

 

An Frau Goltz und alle, die diesen Wettbewerb ermöglichen: Ein ganz großes Dankeschön. Es hat mir wahnsinnig geholfen, meine Gedanken auf das Papier zu bringen. Das ist:

Mein Leben in der Quarantäne

 

Und Danke an alle Corona Helden!