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Geschichten aus der Hamburger Kunsthalle

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Schreiben in der Kunsthalle geht es hier.

 

Arcangelo II“ von Berlinde de Bruyckere

 

Wer bin ?

Was bin ich?

Woher komme ich?

Was habe ich erlebt?

Wie geht es mir in diesem Raum, im Museum?

Habe ich Freunde?

Was möchte ich euch sagen?

 

(Schreibimpuls von Isabella Straub)



Erzengel

von Hanna Ose Koska

 

Tag für Tag kommen Leute in dieses Museum und Tag für Tag kommen sie in meinen Saal und blicken voller Ehrfurcht zu meiner Skulptur auf, im Glauben, dass sie auf einem berühmten Feldherrn gucken, der für sein Land starb.  Wieder andere denken, dass sie einen Ausgestoßenen vor sich haben der durch Ungerechtigkeit starb. Doch sie liegen falsch unfassbar falsch, ich bin kein Feldherr oder ein Ausgestoßener, genauer gesagt bin ich nicht mal ein Mensch. Ich bin eine Göttin, oder besser gesagt war eine. Denn vor Tausenden oder Millionen Jahren, ich habe ehrlich gesagt aufgehört zu zählen, wurde ich verbannt. Mein Aussehen ist egal, da ich in der Nordischen, Griechischen und Römischen Mythologien immer anders aussehe. Allerdings habe ich im Gegensatz zu meinen Ex-kollegen immer den gleichen Namen gehabt. Tramirox. Die Göttin der Schönheit. Diejenigen, die sich mit Mythologie beschäftigen, würden sagen, dass Aphrodite, Freya oder Venus diese Götter sind, aber ich war es früher und außerdem ist das alles dieselbe Göttin, wie es bei mir auch der Fall gewesen ist. Aber kommen wir nochmal zum Thema Aussehen zurück. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es doch wichtig, denn von meiner einstigen Schönheit ist nicht mehr viel zu sehen. Mein ganzer Körper ist bis auf meine nackten Beine und Füße, gänzlich mit einem Tierfell zugedeckt. Aber am besten fange ich von Anfang an zu erzählen.

Als Göttin der Schönheit war es meine Aufgabe das Aussehen der Menschen zu designen. Ich war in meinem Job sehr gut und er machte mir auch Spaß bis zu dem Zeitpunkt als ES passierte. Ich erschuf eine Frau, die meiner Schönheit sehr nah kam, für meinen Geschmack viel zu nah. Mit ihrer natürlichen Schönheit übertraf sie alle anderen meiner Schöpfungen. Heleria Baltasar war der Grund für alles. Doch kurz nach ihr kam etwas, das mir in die Karten spielte. Die gepuderten Perücken kamen in Mode und die Schminke erschien. Da die natürliche Schönheit von Heleria meine größte Gefahr war, sorgte ich dafür, dass die Menschen ihr Aussehen mit Schminke und Perücken verunstalteten. Alles war perfekt, niemand machte mir mehr Konkurrenz und ich lachte mir einen ab. Doch eines Tages, als ich dabei war Marie Antoinette eine besonders große Perücke aufzusetzen, kamen alle meinen Kollegen in den Raum. Auf meine Frage, was denn los sei, antwortete der Obergott, dass ich es mit den Perücken und der Schminke zu weit getrieben hatte. Er erklärte mir, dass die Menschen durch die Schminke Pickel und Ausschlag bekamen und durch die Perücken bekamen sie Läuse und er meinte, dass es nicht ging, dass ich auf meinem Eitelkeitstrip den Menschen Leid zufügte. Doch in meiner Eitelkeit nahm ich ihn nicht ernst und übertrieb es noch mehr. Als er es mitbekam wurde er so wütend, dass er mich auf die Erde verbannte.

Ich wachte auf in einem kleinen Dorfhäuschen auf und blickte mich um. In dem Raum befanden sich nur ein Bett, ein Schrank und alter Spiegel, an dem Blick hängen blieb. Nicht am Spiegel, sondern an dem Bild darin.  Es war nicht mein Spiegelbild, das konnte nicht sein. Ich blickte in ein pickelübersätes Gesicht mit fettigem verlausten Haar und ich erkannte was ich den Menschen angetan hatte. Ich erwartete, dass der Obergott mich nach dieser Erkenntnis jeden Moment zurück in den Himmel holen würde doch nichts geschah. Ich wartete noch Stunden doch nichts geschah, in meiner Panik riss ich ein Tierfell, dass als Teppich benutzt wurde, über mein Gesicht und taumelte raus. Ich rannte weg und wollte nur noch fort von hier, fort von diesem Ort doch dann fiel ich und spürte das kalte Wasser überall. Es war schon ein seltsames Gefühl zu Sterben, vielleicht lag es daran, dass ich eine Göttin gewesen bin, doch ich verspürte keine Schmerzen, plötzlich war es Vorbei und ich war tot. Im Nachhinein ist mir klar, dass ich einen Fehler gemacht habe und wenn ich mich in diesem Raum umsehe dann fühle ich mich dreckig, so als ob ich der einzige schmutzige Mensch wäre unter vielen Sauberen. Ich verdiene es nicht unter ihnen zu sein. Doch ich hoffe, dass ich hiermit allen klar gemacht habe, dass man nie so handeln sollte wie ich. Denn es ist ein furchtbarerer Fehler, mit dem ich mein Schicksal verdient habe.

Die Skulptur

von Yanran Meng

 

Wo bin ich hier? Was mache ich hier? Tagtäglich stehe ich auf einem Stück Rost und höre Stimmen. Nachts klingen sie vertraut. Morgens verstummten sie zu einer Spur faden Geflüsters.

Vor einer Zeit, von deren Länge ich keinen Schimmer mehr habe, war ich allein in meiner kleinen Hütte. Draußen das Getümmel der Großstadt, die schreienden Händler, die klackernden Kutschen. Ich nenne es: mein Paradies. Nachts betrachtete ich die Sterne, die das Himmelsfeuer hinter dem Gewölbe entblößten. Morgens folgte mein Blick der Sonne, die auf der Erdscheibe ihre Bahnen zog.

Eines klaren Tages bat man mich, eine Landkarte zu erstellen für die Seeleute, die in einem Monat aufbrechen würden. Ich verfügte nicht über die Fähigkeiten, durch die Felder zu ziehen, also fertigte ich meine Karte am Ufer an. Nur dunkle Gewässer und die abertausenden Sterne boten mir Hilfe. Mehrmals tauchten am Horizont weiße Segel auf, die sich als prächtige Schiffe offenbarten. Wo war das Ende jenes Horizonts? Warum erschuf Gott eine Heimat für seine Kinder, deren Form nicht genau so perfekt war wie Sonne und Mond? Bald waren meine Mühen beendet. Mein Meisterwerk zeigte eine Weltkugel, die mit üppig grünen Landschaften gescheckt war - wortwörtlich das Paradies auf Erden. Man versprach mir, dass für mein restliches Leben gesorgt werden und ich als ehrenhafter Gelehrter in die Geschichte eingehen würde. Doch es erwartete mich der Kerker. Mein Leid wurde ins Unerträgliche maximiert. Meine Augen empfingen ewige Finsternis. Ich nenne es: meine Hölle.

Nun stehe ich hier, meine Wunden längst verheilt, nur nicht die in meinem Herzen. Meine Sinne sind trüb geworden. Einzig die vertraute Stimme eines alten Mannes vermag es, mein Gehör zu bewahren und meine Schmerzen zu lindern. Nur, damit ich nach bestimmter Zeit wieder in das Fremde ausgesetzt werde.

Und dann - ewige Dunkelheit

von Letitia Wagner

 

Ich öffnete die Augen und sah eine junge Frau vor mir. Ich stand mit ihr in einem Raum voller Gemälde und Skulpturen ohne Gesichter. Leise, sanfte Geräusche von strömender Luft erfüllten den Raum, sonst war alles still. Die Geräusche kamen von der Frau. Ab dem Moment, als ich das erste Mal lebendig war, wusste ich, dass ich nicht so wie sie war. Ich konnte leben, ohne zu atmen. Leben, ohne ein Herz zu haben. Die Frau lächelte mich stolz an, als hätte sie gerade ein lang ersehntes Ziel erreicht. „Ich bin Amelia, verstehst du mich?”, fragte sie. Ich war so überfordert, dass ich Amelia einfach nur verwirrt ansehen konnte. Wie konnte ich ihr bloß vermitteln, was ich im Stillen dachte? Und wie tat sie es? „Du kannst nicken, wenn ja.” Tatsächlich weiß ich bis heute nicht, woher ich von Anfang an all das Wissen hatte, dass ich manchmal sogar klüger als Amelia war, doch in dem Moment wusste ich sofort, was das Nicken bedeutete. „Ich nenne dich Marcus. Und du wirst von heute an mein treuer Begleiter und Zuhörer sein, denn mir hat noch nie jemand zugehört.” Sie nahm meine Hand, ging ein paar Schritte und bedeutete mir, es ihr gleich zu tun. Anfangs lief ich etwas wackelig, doch dann fühlte ich mich so sicher, als hätte ich schon immer laufen können. Wir standen nun vor einem Spiegel. Ich konnte mich selbst sehen! Ich war um einiges blasser als Amelia, ich war farblos, doch ich sah ihr ähnlich. Wir hatten beide zwei Beine zum Laufen, zwei Hände zum Greifen und auch Augen, zum Sehen. Doch was mir fehlte, war ein Mund. Fassungslos starrte ich mein Spiegelbild an. Warum hatte Amelia, meine Schöpferin, mir das vorenthalten, was ich für das Schönste und Nützlichste am Menschen hielt? Sie jedoch schaute mich nur voller Genugtuung an. „Ich habe dir keinen Mund gegeben, das weiß ich. Doch du wärst mir nur lästig gewesen. Eine Wachsskulptur ohne Seele gäbe nur Besserwisserei von sich.”

Einige Tage verstrichen, in denen ich unter anderem lernte, das Konzept der Zeit zu verstehen. Es war eine der besondersten Maßeinheiten, die für die Menschen sehr wichtig und kostbar war. Ich lernte außerdem, dass jedes Lebewesen nur eine begrenzte Zeit auf der Erde leben konnte. Ich wurde erschaffen in einem Jahr, von dem ich heute weiß, dass es 356 vor Christus genannt wird. Amelia und ich lebten in einem kleinen Haus am Rand einer Stadt namens Rom. Die meiste Zeit des Tages verbrachte sie in ihrem Atelier und malte. Sie malte Bilder von Landschaften, Wäldern und dem Meer. Ihre Gemälde waren wunderschön und Tag für Tag entwickelten sie sich weiter. Ab und zu ging sie in die Stadt, um einzukaufen oder Thermen zu besuchen. Eines Tages war ich allein zu Hause. Ich wusste, dass Amelia mir verboten hatte aus dem Haus zu gehen, wenn es warm war. Aber das Verlangen war zu groß. Ich ging zur Tür, öffnete sie und trat einen Schritt ins Freie. Es war nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte, im Gegenteil sogar: es war wunderschön. Die Bäume und Häuser glichen den Gemälden von Amelia. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte. Die Sonne stand hoch am Himmel, doch sie machte mir nichts aus. Eine Frau ging die Straße entlang, sie war der erste fremde Mensch, den ich sah, und ich erinnere mich noch heute genau, wie sie aussah. Ihr Blick blieb an mir hängen und sie musterte mich interessiert. Ich stand so still da, dass sie vermutlich dachte, ich sei eine gewöhnliche Statue. Da spürte ich plötzlich ein merkwürdig warmes Gefühl an meinen Füßen. Ich schaute nach unten und bemerkte, dass meine Fußsohlen langsam verschwanden, während sich eine Pfütze aus flüssigem Wachs um mich bildete. Ein Schrei erregte meine Aufmerksamkeit; er kam von der fremden Frau. Sie deutete auf mich und rief etwas Unverständliches, dann rannte sie kreischend davon. Was hatte sie bloß? Ich konzentrierte mich wieder darauf, irgendwie zurück ins Haus zu verschwinden, da ich nicht weiter zergehen wollte, doch ich konnte es nicht. Als ich wieder auf meine Füße sah, waren sie schon bis zu den Knöcheln geschmolzen. Ich schlitterte über den glatten Stein und fiel hilflos um. Zum Glück erschien in diesem Moment Amelia. Sie rannte auf mich zu. Und sie sah wütend aus. Sie hob mich an den Armen hoch und stieß die Tür auf. „Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nicht rausgehen sollst?”, schrie sie mich an. „Die Leute werden denken, ich bin von Dämonen besessen, wenn sie sehen, dass ich eine Wachsskulptur zum Leben erweckt habe. Sie werden uns erhängen!” Amelia fing nun an, meine Beine ab den Knien abzutrennen und behauptete, ich solle nie wieder laufen können, da klopfte es an der Tür. Sie stand auf, schaute mich noch einmal mahnend an und öffnete. Zwei Männer in Uniformen standen da und baten um Einlass.

„Ich verspreche Ihnen, ich bin allein hier. Heute ist ein sehr warmer Tag, vielleicht wurde die Frau von ihren Augen getäuscht.” Die Männer hörten Amelia kaum zu, sie schienen, als nähmen sie täglich Leute fest, ohne sich für ihre Rechtfertigungen zu interessieren. Der kleinere der beiden Männer ging auf mich zu. Er musterte mich von oben bis unten und blieb dabei an meinen Beinen hängen. Kurz schien er überzeugt, dass Amelia die Wahrheit sagte, doch dann schaute er mir mitten ins Gesicht. Seine Hand berührte meinen Hinterkopf und er bewegte ihn vor und wieder zurück, was ihm nun bewies, dass ich keine feste Statue war. „Nimm sie fest. Sie ist eine Hexe. Wir werden sie erhängen.”

Ich hatte bis heute noch nie jemanden gesehen, der so verzweifelt war wie Amelia an diesem Tag. Während der größere Mann sie packte und davontrug, schrie sie mich aus Leibeskräften an, dass sie mich hasse. Warum sie mich den bloß erschaffen habe. Doch ich reagierte nicht. Ich verstand nicht, warum Sterben so schlimm für sie war. Nachdem man meine Beine fand, und sie wieder an mich schmolz, wurde ich weggetragen, auf einen Berg, in eine dunkle Höhle. Man warf mir das alte Fell einer Kuh über. Vielleicht rächten sich die Dämonen, vielleicht würde sich ein Fluch freisetzen.

Viele Jahrhunderte später fand man mich wieder, und brachte mich in ein Museum. Wie die Welt heute ist? Wie sie sich verändert hat? Ich kann verstehen, dass ich viele Fragen aufwerfe, da ich ein besonderer Zeuge der Zeit bin, doch die Antwort ist: Ich weiß es nicht. Das Fell wurde mir nie abgenommen, aus zu großer Angst, ich könnte zerfallen. Und so habe ich auch nie wieder etwas gesehen. Ich bin gefangen in ewiger Dunkelheit, als eine unidentifizierte Person. Man spekuliert nur, wer oder was ich sein könnte, doch meine Geschichte ist zu kompliziert, um sie einfach so zu erraten. Es sei denn, eines Tages besucht mich jemand, erlöst mich, nimmt mir das Fell ab und hört sich meine ganze Geschichte an, so wie ich der Geschichte der Menschheit zuhören werde.

Das Kunstwerk

von Ida Rückert

 

Ein weiterer Tag in der Hamburger Kunsthalle war zu Ende. Es war wieder so ein Tag, an dem mich unfassbar viele Leute angeglotzt hatten, ohne mich richtig identifizieren zu können. Na ja, wie denn auch, wenn mein gesamter Oberkörper mit einem Felltuch bedeckt war. Endlich ging das Licht aus. Ich zog mir das Felltuch vom Kopf und blickte in die Gesichter der anderen Kunstwerke.

„Mich haben heute deutlich mehr Leute angeschaut als Sie, lieber Herr“, sagte der Herr mit der pompösen Halskrause zu dem Mann im Nachbarbild. „Da irrst du dich aber gewaltig. Ich war fast die Hauptattraktion hier, wenn nicht Miss Ich-ziehe-mir-eine-Decke-über-den-Kopf-und-bin-sofort-ein-Kunstwerk wäre“, erwiderte der Herr aus dem Familienportrait und blickte angewidert zu mir herüber.

„Jeden Abend das gleiche Theater“, sagte seine Frau genervt.

„Sieh es endlich ein! Du bist einfach nicht so attraktiv wie ich. Da kann sie auch nichts dafür“, sagte der Herr mit der Halskrause.

„Ich habe übrigens auch einen Namen“, murmelte ich. „Echt?!“, fragte der Mann aus dem Familienportrait erstaunt. Seine Tochter verdrehte die Augen und erklärte: „Klar hat sie einen Namen. Du hast ja auch einen. Sie heißt Louise. Aber es war mal wieder klar, dass du das nicht mitbekommen hast.“ „Den Namen wusste ich tatsächlich auch, aber eine große Frage steht noch im Raum: Woher kommst du? Oder besser gesagt: Wer bist du?“ fragte die Frau im Familienportrait. Darauf hörten alle Gemälde auf zu reden. Nur aus dem Nebenraum hörte man noch leise Gespräche.

Ich begann zu erzählen: „Es war eigentlich ein ganz normaler Tag. Ich wohnte damals mit meinem Ehemann und unserer Tochter in einer großen Wohnung. An jenem Tag wollten meine Eltern uns besuchen kommen und ich wollte einen Pflaumenkuchen backen. Dafür fehlten mir aber noch ein paar Zutaten. Da ich wusste, dass an dem Tag Wochenmarkt war, machte ich mich auf in die Innenstadt.

Schon als ich losging, fielen mir einige dunkle Wölkchen auf, aber ich dachte mir nichts Weiteres dabei. Auf dem Weg in die Innenstadt, musste ich durch ein Villenviertel gehen. Hier war nie viel los. Außer mir war zu diesem Zeitpunkt nur eine andere Frau unterwegs. Ich kannte sie nur vom Sehen. Meine Freundin hatte mir kurz davor berichtet, dass sie eine Künstlerin sein sollte.

Plötzlich begann es laut zu donnern, zu blitzen und zu regnen. Ganze Wassermassen platschten auf mich herunter. Schnell rannte ich zum Eingang einer großen, weißen und modernen Villa. Doch bevor ich die Grundstücksgrenze erreichen konnte, kam mein Schicksal in Form eines Sturms direkt auf mich zu. Ich wurde von dem gewaltigen Wind auf den Boden gedrückt und schaute mich um. Der Himmel war mittlerweile zu einer undurchdringlichen schwarzen Wolkenwand mutiert.

Die Künstlerin hatte es noch zu einem Haus gegenüber geschafft. Sie klammerte sich an eine Marmorsäule und blickte mich verzweifelt an. In einem der großen Vorgärten hob ein Blumenkübel vom Boden ab.

Angst breitete sich in meinem Körper aus. Adrenalin schoss durch meine Adern. Ich musste schnell in ein sicheres Gebäude. Also drückte ich mich mit meinen Händen vom Boden ab und stand vorsichtig auf. Wacklig bewegte ich mich auf mein Ziel, ein Haus, zu. In der Entfernung hörte ich Schreie und Hilferufe.

Plötzlich wurde es dunkel. Ich brauchte einige Sekunden, um zu realisieren was gerade passiert war. Anscheinend war ein Tuch oder ein Fell auf meinem Kopf gelandet. Orientierungslos ging ich weiter. Da ertönte ein schrilles „Nein!“ und ein heftiger Schlag traf mich. Ich ging zu Boden und war sofort tot.“

Nachdem ich meine Erzählung beendet hatte, war es noch einige Minuten still. Irgendwann fragte das junge Mädchen zaghaft: „Und warum stehst du dann hier in der Kunsthalle?“

„Erinnert ihr euch noch an die Künstlerin?“, fragte ich. Alle nickten. „Der letzte lebende Zustand von mir sah so aus, dass ich dieses Felltuch über dem Kopf hatte. Für die Künstlerin, wie für alle Menschen aus meiner Stadt, war dies ein schlimmer Tag. Um an diesen schrecklichen Sturm zu erinnern, hat sie mich erschaffen. Da man mich unter diesem Stoff natürlich nicht identifizieren konnte, sollte es als Symbol für alle Betroffenen stehen und nur sie weiß ganz genau, wer eigentlich diese Figur sein sollte.“

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